Immer wieder werde ich gefragt: „Wer hat in eurer Beziehung eigentlich die Hosen an?“ – „Also ich bestimmt nicht!“, rufe ich in die Mikrophone, die mir das Volksinteresse entgegenstreckt. Denn ich bin die Frau ohne Hose, und mit Hose meine ich alles, was vielförmige Rillen in die Haut „zaubert“, wie die Schlieren, die ein Molkegetränk im Glas hinterlässt, also streng genommen auch Röcke und andere gürtelbare Unterbauquetschen. Ich finde es bedauernswert, dass wir in einer Kultur leben, die das Tragen einer Hose nicht nur zum Synonym des sozialen Funktionierens macht, sondern auch zum Anzeiger einer gesunden Psyche in einem gesunden Leib, und umgekehrt: wer nur mit einem Lendenschurz bekleidet durch die eigenen vier Wände tollt, dem wird automatisch Verrücktheit oder Depression attestiert. Die zersetzenden Folgen langer Arbeitslosigkeit fasst man gerade in zeitgenössischen Serien wie „How I met your Mother“ im Bild des in Boxershorts auf der Couch schlummernden Schlendrians zusammen. Was mich angeht, drehe ich erst durch und werde depressiv, wenn äußere Umstände mich zwingen, zuhause länger als zehn Minuten in einer Hose zu verharren. Etwa wenn Amazon seine Ware in die Hände obskurer logistischer Unternehmen legt, die ankündigen, dass sie irgendwann zwischen Montag und Freitag, 8:00-18:00 Uhr liefern werden. Letztes Jahr um die Weihnachtszeit wurde ich wegen der Überlastung des Liefersystems ganze drei Tage in einer Hose gefangen gehalten. Und wofür? Für nix! Die Lieferung wurde beim Nachbarn abgegeben. Abgeholt habe ich sie einige Wochen später, da sich zufällig ergab, dass ich behost in der Gegend war. Ich hege eine von Unverständnis und Mitleid gefärbte Bewunderung für alle, die in den eigenen vier Wänden etwas Anderes als Pyjama (oder vergleichbare sackartige Kleidung) tragen. Ist das bleierne Unbehagen, das die Nieten und Falten einer Jeans im Pfirsichbody eines Babys verursachen würden, dem herkömmlichen Menschen etwa schon derart zur Selbstverständlichkeit geworden? Spürt er die garstige zweite Haut nicht mehr? Ich möchte keineswegs die disziplinierende Wirkung eines Bügel-BHs oder einer strengen Zwiebelfrisur dementieren, ob man nun auswärts arbeitet oder zuhause, womöglich erfüllt die Hose für den ein oder anderen denselben Zweck – aber rund um die Uhr? Oh bitte. Mir scheint hier eine unsinnige soziale Konvention am Werke zu sein, die es im Interesse aller zu stürzen gilt!
Wie haltet ihr es mit der Hose? Streift ihr sie ab, sobald die Tür ins Schloss fällt? Oder lasst ihr euch gern von ihr knechten? Ist sie ein hoch zu haltendes Symbol für Zivilisation und funktionierende Gesellschaft oder ein längst überholtes Ärgernis? Oder wollt ihr mir erzählen, dass ihr den ganzen Tag mit Besuch rechnen müsst? Discuss!
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Same, same, but different: Ich entledige mich der beinhaarunfreundlich eng anliegenden Langen Unterhosen (Im Osten sagt man dazu auch El Uh) unter meinen Jeans, sobald ich nach Hause komme, ziehe dann aber die Jeans wieder an. Es gibt allerdings Wochenenden, die ich im Schlafanzug (Mike Krüger sagt dazu auch Sleep An Train) verbringe, und kann für Besuchs-(un-)fälle die Anschaffung eines langen Bademantels jedem ans Herz legen. Meiner ist rot und besteht aus Flausch.
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lange hose. auch bei 40 grad im schatten. das bin ich mir und meinen mitmenschen schuldig.
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Sobald ich einen Ort des Vertrauens betrete, möchte ich mich jeglicher Kleidung entledigen, die mich einschränkt, einengt oder in irgendeiner Weise fesselt. Das mag da draußen in der kalten Welt praktisch sein, dass ich zwiebelartig zehn Lagen Kleidung an meinem Körper trage, aber zu Hause kann ich das gar nicht leiden. Kleidung, die drückt und quetscht hat in vertrauter Umgebung keine Daseinsberechtigung! Abgesehen von meinem „OMG! Ich komme gerade von draußen und muss SOFORT meine Hände waschen!“-Zwang ist die von dir beschriebene Hosensitution auch eine meiner als „Problem“ verurteilten Eigenschaften. Dabei ist mir aber wichtig, dass ich ERST meine kontaminierte Kleidung ausziehe und an einen Ort fern meiner „sauberen“ Sachen werfe, DANN meine Hände und Arme wasche und DANACH erst die „sauberen“, gemütlichen Sachen anziehe. Ich verstehe nicht, weshalb manche Menschen sich schämen, in einer Schlafanzug- oder Jogging-Hose den Müll hinaus zu bringen oder die Post aus dem Briefkasten im Flur zu holen. Vielleicht denken sie sich: „Hm! Diese Hose heißt SCHLAFANZUGHOSE und damit kann ich doch UNMÖGLICH den Müll hinaus bringen! Hm! Und diese Hose heißt JOGGINGHOSE, damit kann ich NIEMALS IM LEBEN das Paket aus der Packstation hinter dem Aldi holen!“ Es könnte tatsächlich sein, dass sich die Leute anhand des Namens bzw. der Betitelung eines Kleidungsstückes dazu verleiten lassen, jenes Ding nur für den dafür vorgesehenen Zweck zu verwenden. Was vollkommener Bullshit wäre.
Ich jedenfalls kann nicht mit meiner Jeans oder Hose auf dem Sofa sitzen und mich wohl fühlen. Allein deshalb schon nicht, weil ich das Gefühl habe, dass die Kleidung, die ich außerhalb meines Zuhauses getragen habe, verunreiningt und schlecht ist. Ich MUSS mich entblößen, damit mein Zuhause sauber und rein bleiben kann. Deshalb finde ich es wunderschön, dass ich in einem Krankanhaus arbeiten darf, in dem mein Arbeitsbereich sauber, ordentlich und vor allem steril und antibakteriell ist. So toll ist das! <3
Und übrigens kann ich nur nackig angenehm schlafen.
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Am 20. Januar 2012 ist Internationaler Jogginghosentag!
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Wenn ich nach Hause komme ziehe ich mir auch gleich die Kleidung aus. Aus Rücksicht auf Mitbewohner ziehe ich dann einen bequemen Schlafanzug an.
Wenn ich alleine Zuhause bin ziehe ich mich ganz aus. Es ist sehr angenehm sich von dieser gesellschaftlichen Konvention zu befreien, und sich seiner natürlichen Form zu stellen. In kalten Jahreszeiten – wie jetzt – drehe ich dann die Heizung etwas weiter auf – dafür hat man sie ja.
Um Nackt (oder auch nur wenig bekleidet) rauszugehen, oder mich anderen Menschen zu zeigen bin ich nicht Exhibitionistisch genug, und zu Schamhaft.
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Auch bei mir wird die Jeans sofort gegen eine Jogginghose (meine sind seeeeehr sackig) getauscht, sobald ich nach Hause komme.
Manchmal bin ich aber auch so kaputt, dass ich so wie ich bin ins Bett falle. Schon im Halbschlaf wird dann meist nur die Hose geöffnet, damit ich mehr Platz habe – viel bekomme dann sowieso nicht mehr mit.
Dieser Auszieh-Drang hört aber nicht bei der Hose auf. Meine Jacke ziehe ich erst dann an, wenn sie wirklich zwingend nötig ist. Und beim Autofahren wird sie meist in den Kofferraum geworfen bis ich sie brauche.
Ich hasse es, wenn mich Kleidung jeglicher Art einengt.
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Um die Disziplinierungswirkung des Bügel-BHs auch auf den Beckenbereich auszudehnen, bleibt mir ja nichts anderes übrig, wenn ich kein Korsett tragen will. (Trage immer Hose. Die Hose hält mein psychedelisch-zerfließendes Fettgewebe in Form und spart Energie, die der Körper sonst fürs Schwabbeln aufwenden müsste. Behost setzt der Körper diese Energie im Hirn frei.)
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Eines Tages, er in Berlin, ich in Frankfurt. Eine Fernbeziehung. Während eines Telefonats stellte er die immer wiederkehrende Frage „Was hast Du grad an?“ und ich antwortete erstmals wahrheitsgemäß mit „Eine Jogginghose.“ Ich hatte ihn all die Jahre angelogen. In Wirklichkeit rannte ich nämlich gar nicht den ganzen Tag im Negligé durch die Wohnung. Aber was war Deine Frage doch gleich?
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Selbstverständlich lege ich nach Heimkehr sofort jegliche Kleidung ab und hänge sie auf einen Kleiderständer auf dem Balkon. Gottlob wohne ich gleich an einer Autobahnauffahrt, und so geht auch übernacht der Dieselduft nicht verloren. Das gibt gerade Jeans den Duft der weiten Welt und vermittelt ein Truckerodeur, obwohl ich nur für den Pizzabäcker als Fahhradbote unterwegs bin. Wenn ich ausliefere, sehe ich genug Kleidungselend in Form von Kaftanen, Mumus, Tütüs, Nacktschürzen und sogenannten Wohlfühl- und Wellness-Sarongs, dass mir die Piza hochkäme, äße ich denn welche. Da ist der Schlafanzug noch das geringste Übel.
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Für mich und mein Wohlbefinden, Hose aus, Pyjamahose an
Für meine Kunden und ihre Fantasie, Hose aus, Strapse und High Heels an …….
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Abends bleibt die Hose an!
Aber morgens tue ich mich sehr schwer, über Unterhose und T-Shirt hinauszukommen. Klar, Schlappen müssen sein, sonst klebt’s zu fies an den Planken. Das ist dann aber auch schon alles, was bei der Verrichtung der morgendlichen Pflichten – Tischlein decken, Tellerchen spülen, Käffchen machen – mehr schlecht als recht meinen traurigen „body“ verhüllt >:-(
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Ich bin das komplette Gegenteil. Niemals würde ich tagsüber in etwas anderem als (meistens) Jeans herumlaufen. Ein Schlafanzughose ist zum Schlafen da, eine Jogginghose besitze ich gar nicht. Ich finde diese Sitte, sich zu Hause irgendwas schlumpiges anzuziehen, ausgesprochen merkwürdig, aber mein Freund hegt die auch.
Selbst wenn ich krank zu Hause bin, ziehe ich mich morgens vollständig an. Sonst fühle ich mich noch kränker.
:-)